Teneriffa | Geschichte & Geschichten

Teneriffa | Geschichte & Geschichten

Die Schlachten um Teneriffa – Acentejo & Aguere im historischen Überblick

Die Schlachten um Teneriffa – Acentejo & Aguere im historischen Überblick

Die kastilische Eroberung der Kanarischen Inseln im 15. Jahrhundert war ein langwieriger, militärisch und politisch komplexer Prozess. Besonders auf Teneriffa, der größten Insel des Archipels, leisteten die Guanchen, die indigene Bevölkerung, erbitterten Widerstand gegen die Truppen der spanischen Krone. Die entscheidenden Auseinandersetzungen fanden in den Jahren 1494 und 1495 in Acentejo und Aguere statt. Diese Schlachten veränderten nicht nur das Machtgefüge der Insel, sondern hinterließen auch in der heutigen Ortsbenennung sichtbare Spuren: La Matanza de Acentejo („das Massaker“) und La Victoria de Acentejo („der Sieg“).

Hintergrund: Die Ankunft der Spanier und der guanchische Widerstand

Im späten 15. Jahrhundert war das Königreich Kastilien bestrebt, die Kontrolle über die gesamte Kanaren-Gruppe zu erlangen – nicht zuletzt wegen ihrer strategischen Bedeutung für den Atlantikhandel. Während die meisten Inseln relativ schnell unterworfen wurden, stellte Teneriffa eine Ausnahme dar: Die Guanchen waren in neun Menceyatos (Stammeskönigreiche) organisiert und verteidigten ihre Gebiete unter der Führung von Mencey Bencomo (Taoro), einem der einflussreichsten guanchischen Herrscher.

Die kastilische Invasion wurde durch Alonso Fernández de Lugo geführt, der bereits La Palma erfolgreich erobert hatte und nun Teneriffa unterwerfen sollte.

Die Erste Schlacht von Acentejo (31. Mai 1494)

Verlauf und Ausgang

Fernández de Lugo landete mit rund 1.200 Mann, darunter kastilische Soldaten, kanarische Hilfstruppen und portugiesische Söldner. Beim Marsch durch das Gebiet von Acentejo, im unwegsamen Gelände zwischen La Orotava und dem heutigen La Matanza, gerieten sie in einen Hinterhalt.

Die Guanchen nutzten das Terrain – steile Schluchten und dichte Vegetation – geschickt aus und griffen mit Nahkampfwaffen wie Holzspeeren (banotes) und Steinschleudern an. Die kastilischen Truppen konnten weder ihre Kavallerie noch ihre Feuerwaffen wirksam einsetzen. Die Schlacht endete in einem Desaster für die Spanier. Historiker sprechen von über 900 Gefallenen auf kastilischer Seite – fast drei Viertel der gesamten Truppe.

Folgen

Die Niederlage zwang die überlebenden Spanier zum Rückzug nach Gran Canaria. Der Ort der Schlacht erhielt später den Namen La Matanza de Acentejo – „das Massaker von Acentejo“ – als direkte Erinnerung an dieses Desaster.

Die Schlacht von Aguere (November 1494)

Neue Offensive der Spanier

Nach Verstärkungen durch die kastilische Krone kehrte Fernández de Lugo im Herbst 1494 zurück. Diesmal agierten die Spanier mit größerer Vorsicht und logistischen Vorbereitungen. Die entscheidende Schlacht fand in der Ebene von Aguere statt – im heutigen Stadtgebiet von La Laguna, einem offenen Gelände, das den Einsatz von Kavallerie und Feuerwaffen ermöglichte.

Wendepunkt des Krieges

Die Guanchen, zahlenmäßig überlegen, aber strategisch benachteiligt, konnten den koordinierten Angriffen der besser bewaffneten und disziplinierten Truppen nicht standhalten. Bencomo wurde in dieser Schlacht tödlich verwundet, was die Moral der Guanchen erheblich schwächte.

Die Zweite Schlacht von Acentejo (25. Dezember 1495)

Letzter Widerstand der Guanchen

Die überlebenden Menceys, darunter Adjona (Abona) und Tegueste, organisierten einen letzten militärischen Widerstand. Die Spanier marschierten erneut durch das Tal von Acentejo, diesmal mit Erfahrung, überlegener Logistik und militärischer Vorbereitung.

Entscheidender kastilischer Sieg

Die zweite Schlacht verlief zugunsten der Spanier. Die Guanchen wurden endgültig besiegt oder zur Kapitulation gezwungen. Im Zuge dieser Auseinandersetzung wurde der Ort später La Victoria de Acentejo genannt – „der Sieg von Acentejo“ –, ein symbolisches Gegenstück zu La Matanza.

Symbolik der Ortsnamen

La Matanza de Acentejo

Der Ortsname erinnert an den ersten großen Erfolg der Guanchen gegen die kastilischen Truppen. „Matanza“ (Schlachtung/Massaker) wird im lokalen Gedächtnis weniger als grausame Tat, sondern als Akt des Widerstands verstanden – ein historisches Mahnmal der Tapferkeit.

La Victoria de Acentejo

Im Gegensatz dazu steht La Victoria für den endgültigen Triumph der kastilischen Eroberer und den Beginn der vollständigen Integration Teneriffas in das kastilische Reich. Heute sind beide Gemeinden durch Gedenktafeln, Museen und Ortschroniken eng mit diesem Kapitel kanarischer Geschichte verbunden.

Langfristige Auswirkungen

Die Schlachten von Acentejo und Aguere besiegelten das Ende der guanchischen Eigenständigkeit. Nach der Kapitulation des letzten Mencey Tegueste im Frühjahr 1496 wurde Teneriffa in die kastilische Krone eingegliedert. Die nachfolgende Kolonisierung führte zur Christianisierung, zur Einführung europäischer Landwirtschaft und zur massiven kulturellen Transformation der Insel. Die guanchische Bevölkerung wurde assimiliert oder dezimiert – durch Krieg, Krankheit und Versklavung.

Quellen:
  • Bethencourt Alfonso, J. (1991): Historia del pueblo guanche. Ed. Goya.
  • Aznar Vallejo, E. (2014): La conquista de Canarias: realidad y leyenda. Ed. Edaf.
  • González Antón, R. (2001): La resistencia guanche y las campañas militares en Tenerife.
  • Museo de la Naturaleza y Arqueología (MUNA), Santa Cruz de Tenerife.
  • Ayuntamiento de La Matanza de Acentejo: Historia Municipal
  • Ayuntamiento de La Victoria de Acentejo: Memoria Histórica Local
  • Gobierno de Canarias: Patrimonio Histórico de Canarias
  • Archivo Histórico Provincial de Santa Cruz de Tenerife
  • Navarro Mederos, J.F. (1999): La guerra de conquista de Tenerife. Revista Tabona, nº 8.
  • Instituto Canario de Estadística (ISTAC)
Voriger Beitrag Zurück zur Übersicht Nächster Beitrag